Ihr Hund nimmt das Ungesagte wörtlich
In entscheidenden Punkten ist Ihnen Ihr Hund überlegen. Er versteht zwar kein Wort und keinen Sinn von noch so langen Reden, aber er kennt Sie besser als Sie sich selbst. Er beobachtet Sie ganz genau. Sie können ihn nicht belügen. Er liest alles an Ihnen ab, an der Bewegung, Körperhaltung, Ton in der Stimme, Gesichtsausdruck, Körpergeruch, Atemfrequenz usw. Er weiss, wann Sie müde, verärgert, traurig, fröhlich oder gutgelaunt sind. Er weiss alles von Ihnen, aber nicht, warum Sie so sind. Vor allem kennt er Ihre Stärken, Schwächen, Autorität, Inkonsequenz, Gutmütigkeit, Bequemlichkeit und er nutzt alles meisterhaft für sich aus. Aber er weiss auch ganz genau, wann es für Ihn nichts zu holen gibt. Häufig bedenkt man nicht, dass der Hund ausser den ausdrücklichen Befehlen auch eine Menge anderer Signale von uns erhält und verarbeitet.
Deshalb leidet die Erziehung häufig Schiffbruch. Ihre Befehle lauten anders als alle anderen Signale.
Ihr Hund ist bei so einer Erziehung verunsichert. Ein Hund will immer wissen, wo er steht und in einem chaotischen Verhältnis wird er ggf. versuchen, die Führung zu übernehmen. Erziehung ist alles andere als ein unnatürlicher Zwang für Ihren Hund. Ein Hund benötigt eine für ihn klare Linie, von der keinen Millimeter abgewichen werden darf. Er kennt kein JEIN. Er denkt schwarz-weiss und kennt keine Grauzonen. Nur durch geduldige Anleitung können Sie Ihrem Hund das für ihn notwendige Rudelgefühl erzeugen, das er, genau wie seine wildlebenden Artgenossen, als wichtigste Grundlage seiner psychischen Stabilität benötigt. Erziehung heisst, dass Sie die Grundlagen für eine Verständigung herbeiführen, damit Sie ihm überhaupt sagen können, was Sie von ihm wollen, und ihm die Grenzen zu erkennen geben, innerhalb derer sich sein Platz im Rudel befindet. Erziehung grenzt einerseits seinen Freiraum ein, wie es ihm in gleicher Weise auch Freiraum gewährt.
Die höchste Tugend des Hundeerziehers ist Selbstdisziplin.
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